Johann Parum Schultze (1677-1740) war „Bauerngelehrter“ und Dorfschulze, der zwischen 1720 und 1740 eine einzigartige, 310-seitige Chronik verfasste. Er beschreibt hier ausführlich die bäuerliche Lebens- und Arbeitswelt im Wendland Mitte des 17. bis Anfang des 18. Jahrhunderts: Der bäuerliche Chronist gibt Aufschluss über Kleidermoden, Essen und Trinken, Hausbau, Rechtsstreitigkeiten, Wegebau, Rezepte gegen allerlei Krankheiten, aber auch über die Justiz mit ihren drakonischen Strafen durch Galgen, Rad und Schwert.
Die Ausstellung „Die Chronik des Johann Parum Schultze“ zeigt Repliken und Klartexte der fast 300 Jahre alten Chronik des Johann Parum Schultze.
In der Ausstellung finden Sie z.B. die Themen „Eheleben“, „Dorfjugend ranadaliert“ und auch das aufschlussreiche Kapitel „Wolfsplage“!
Im Kapitel „Landwirtschaft“ geht es u.a. um Gutswirtschaft, Hand- und Spanndienste sowie um Löhne und Preise 1719: So entsprach der Preis von drei Kilogramm Butter…einem ganzen Monatslohn einer Magd! Sie hätte sich auch 24 Heringe davon kaufen können…
Um das einmal zu veranschaulichen: Die Magd hat (bei einer damals üblichen 60-Stunden-Woche) umgerechnet 26 Cent pro Stunde verdient. Umgekehrt: Würde sie soviel verdienen wie heute eine Hauswirtschafterin, müsste ein halbes Pfund Butter etwa 35,80 Euro kosten. Gute alte Zeiten!
Johann Parum Schultzes Aufzeichnungen zeugen von einem für damalige Verhältnisse sehr selbstbewussten Geist – nicht zuletzt der Obrigkeit gegenüber. Mit Reisen nach Hamburg, Wismar oder Celle hat Johann Parum Schultze immer wieder über den dörflichen Tellerrand geschaut und ist mit seiner Chronik über das Wendland hinaus bekannt geworden.
Das Orginal dieser Chronik ist leider verschollen. Es gibt aber eine Abschrift, die der polnische Graf Jan Potocki im Jahre 1794 bei einem Besuch im Wendland erstellen ließ. Sie gibt den größten Teil des Originals wieder und ist Vorlage für die ausgestellten Repliken.
Johann Parum Schultze verfasste seine Chronik zwar auf Hochdeutsch, sie enthält aber auch eine Wörtersammlung der wendischen Sprache, des Drawänopolabischen. In der Gewissheit, dass die wendische Sprache im Aussterben begriffen war, begann er, sie für die Nachwelt aufzuzeichnen. Er schrieb:
„Wenn mit mir und denn noch drey Personen es vorbey ist in unserem Dorf, alsdann wird wohl niemand recht wissen, wie ein Hund auf Wendisch genannt wirdt.“
Die Wendland-Chronik
Die letzte Person, die die drawänopolabische Sprache noch sprechen konnte, war eine 80-jährige Frau in Dolgow bei Lüchow. Sie verstarb im Jahre 1759 – und mit ihr verstarb auch die wendische Sprache.
An einer speziellen Vitrine im Haus können Sie das Vater-Unser auf Drawänopolabisch hören. Es wurde im Jahre 1691 durch den Pastor Henning von Jessen und den Dannenberger Amtmann Georg Friedrich Mitthoff aufgezeichnet. Gesprochen wird es hier von dem Slawismusforscher Reinhold Olesch.
Erweitert wird die Ausstellung um eine Sammlung verschiedener Beet-Pflüge für die Pferde- und Kuhanspannung aus dem 18. und 19. Jahrundert sowie Werkzeuge für die Feld- und Gartenarbeit. Besonders sehenswert ist ein „Ferkeltransporter“ für die Pferde-Anspannung.
Fotos: Daniela Ohm
Ebenso sehenswert die Gatter für die Haltung der Kühe, die mit einem Lebensgewicht von etwa 300 kg nicht größer waren als heutige Galloways oder Highland Cattle. (Übrigens entspräche die damalige Haltung nicht ganz unseren modernen Vorstellungen von Tierwohl.)