VERFLOCHTEN. Wendländisches Leinen und Kolonialismus
Die neue Dauerausstellung VERFLOCHTEN. Wendländisches Leinen und Kolonialismus widmet sich den vielschichtigen Zusammenhängen zwischen der Leinenherstellung im Wendland und den Gewaltsystemen von Kolonialismus und Versklavung bis ins 19. Jahrhundert. Deutsches Leinen war über Jahrhunderte eine wichtige (Tausch-)Ware im Kolonialhandel und wurde oftmals für die Bekleidung von versklavten Menschen genutzt. Diese Zusammenhänge werden in der Ausstellung nun erstmals auch für die wendländische Leinenprotoindustrie aufgefächert.
Die Hauptausstellung im Flachs- und Leinenhaus thematisiert in einem ersten Kapitel die regionale Geschichte der Leinenproduktion im Wendland und zeigt anhand historischer Geräte aus der Museumssammlung die aufwendigen Arbeitsschritte der Handleinenherstellung. Im zweiten Ausstellungskapitel wird diese lokale Kulturgeschichte neu situiert und aus einer postkolonialen und transkulturellen Perspektive in den Blick genommen. Das Wendland tritt dabei als eine durch Handelsstrukturen überregional eingebundene Region hervor, die, wie viele andere deutsche Gegenden, durch Leinenhandel vom Kolonialismus profitiert hat – und sich selbst in Abhängigkeit zu globalen Machtverhältnissen verändert hat. Anhand einzelner Biografien, historischer Fotografien und Archivalien, einer Fühlstation und einer digitalen Kartenvisualisierung werden diese Zusammenhänge anschaulich erzählt.
Verschiedene Stationen auf dem Museumsgelände ergänzen die Hauptausstellung um weitere Aspekte: Im Flachsschaubeet lässt sich im Frühjahr und Sommer der Flachsanbau verfolgen. Mit der Röthekuhle und der Baakstav können zwei weitere Orte der Flachsverarbeitung besucht werden. Im historischen Gebäude der Baakstav fragt die Ausstellung nicht zuletzt auch nach der Bedeutung von Flachsanbau und Leinenherstellung heute – insbesondere mit Blick auf ökologische und gesellschaftliche Fragestellungen.
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Die Ausstellung ist in Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg (Institut für Philosophie und Kunstwissenschaft) entstanden. Sie zeigt die Ergebnisse des gemeinsamen Forschungsprojekts „Wendländisches Leinen und koloniales Erbe. Spurensuche einer transkulturellen Verflechtung im 18. und 19. Jahrhundert“, das von Oktober 2023 bis September 2025 vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur durch das Programm „PRO*Niedersachsen – Forschungsprojekte Kulturelles Erbe – Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen“ gefördert wurde.
Alle Ausstellungstexte sind in Englisch und in Einfacher Sprache über QR-Codes in der Ausstellung abrufbar.
Die sechzig-seitige Ausstellungsbroschüre ist im Museumsshop und im Buchhandel erhältlich (8,50 €).
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Kuration: Sarah Kreiseler, Ruth Stamm
Szenografie: Tina Henkel, Anna Unterstab
Illustration: Josefine Taape
